Nach Kotter durchlaufen Menschen bei ungewollten Veränderungen alle Phasen der klassischen Veränderungskurve. Immer! Der eine schneller, der andere langsamer, wieder andere bleiben stecken.

Was kann uns das über den Umgang mit Corona-Typen sagen? Im Alltag begegnen sich die unterschiedlichen Typen mit viel Unverständnis, ich nehme mich da nicht aus. „Wie kann man nur so blöd sein.“ und Frust im Privaten bis hin zu Aggressionen, wie wir in den Medien verfolgen müssen.
So scheint es nicht zu funktionieren. Und nach Kotter auch logisch! Ein Beispiel: Corona-Leugner & die, die sich an die Regeln halten, um sich und andere zu schützen (z.B: die ehrlich-Besorgten – siehe Grafik). Diese zwei Typen stehen an sehr unterschiedlichen Stellen in der Veränderungskurve. Bis zur emotionalen Akzeptanz können Menschen nur zurückschauen. In unserem Fall sind das die Corona-Leugner. Sie trauern dem nach, was ihnen vermeintlich weggenommen wurde (Freiheit). Die ehrlich-Besorgten blicken schon nach vorne, antizipieren Konsequenzen und suchen nach Lösungen. Wenn beide miteinander reden, reden sie aneinander vorbei. Es ist von einem Corona-Leugner zu viel verlangt, ans Ende der Veränderungskurve zu springen und darüber nachzudenken: „Hey, lass uns doch neue kreative Ideen finden und umsetzen, wie wir trotz dieser Zeit ein Gefühl von Freiheit haben können!“
Menschen fühlen sich da wohl, wo sie sich gehört und verstanden fühlen. So kommt gerade auch insbesondere eine Partei zum Zuge, die sicher nicht bei allen Personen der Corona-Leugner-Gruppe auf Platz eins steht.
„Ich will einen Corona-Leugner nicht verstehen!“ Ja, ja, dieser Gedanke kommt mir auch. Mit ein wenig Abstand lassen wir doch einmal folgende Gedanken zu …:

Wie sollte man Menschen in Veränderungen begleiten?

1. Wertschätzung und Akzeptanz, dass sich der Mensch gerade in dieser Phase befindet. Es ist so; er/sie befindet sich gerade an dieser Stelle.
„Ich sehe/höre/verstehe, dass du das im Moment nicht wahrhaben willst/kannst.“

2. Nicht zu schnell das gleiche Denken einfordern: kleine Schritte gehen. Jede Phase muss Durchlaufen werden.
„Ja, das kann einem ganz schön Angst machen.“ oder „Wenn die Prognosen stimmen würden, dann wäre das ganz schön erschreckend und kaum vorhersehbar. Kein schönes Gefühl.“

3. Dem anderen wirklich zuhören wollen und ihn ausreden lassen: Dann kann Mensch von der Vergangenheit Abschied nehmen.

4. Neue Erfahrungen sammeln lassen: „Mit den Andersdenkenden kann man ja reden!“ Diese neuen Erfahrungen & gemachten Emotionen werden zu neuen Haltungen.

Statt Abwendung Zuwendung – schaffen wir das?

Für die, die es genauer wissen wollen, die Anwendung der Veränderungskurve an Corona-Typen:
1. Schock
Jede Veränderung wird als Schock wahrgenommen. Corona kündigte sich zwar langsam an, dennoch war es so unwahrscheinlich „dass das von China bis zu uns rüberkommt“. Auch die ersten europäischen Hotspots waren ja bedingt durch eine Ansammlung von verschiedenen Kulturen, die Schifahren gehen. Das betraf uns alle!

2. Verleugnung & Ablehnung
Auch sind wir alle durch die Phase der Verleugnung & Ablehnung gegangen. Die einen nur kurz „das kann doch eigentlich nicht wahr sein“ bis zu denen, die heute immer noch in dieser Phase stecken: vom Corona-Leugner „ich kenne keinen, der Corona hat/te!“, über den Auf-sich-fokussierte Asozialen „Meine Grundrechte sind in Gefahr (, weil ich eine Maske tragen muss).“ „Ich gehöre nicht zur Risikogruppe; das wird nicht schlimmer als ne Erkältung für mich.“ Bis hin zum unbesorgten Kritiker, der sagt „Es sterben doch immer Menschen.“ oder O-Ton „Ich kenne eine Frau, die putzt im Krankenhaus, die sagt, die Intensivbetten sind fast alle leer.“
Alle diese Corona-Typen fühlen sich nicht von Corona bedroht. Schutzmaßnahmen werden als unsinnig abgelehnt und wenn nur widerwillig aufgrund der Gesetze eingehalten. Die Maßnahmen der Politik sind Ursache für die Krise, die Einschränkung der Menschenrechte unangemessen.
Was alle in dieser Phase in der Veränderungstheorie noch gemeinsam haben ist wichtig: sie überschätzen ihre eigene Kompetenz, die Sachlage professionell beurteilen zu können und haben dadurch ein falsches Sicherheitsgefühl.

3. Einsicht: Rationale Akzeptanz
Auf dem Weg dahin finden wir dann den Übergang zur ersten Einsicht: der rationalen Akzeptanz. Die sorglosen Hedonisten sind die, die Corona als ansteckende Krankheit akzeptieren, aber in ihrem Handeln noch alten Gewohnheiten folgen „Party!“ Der halbherzige Mitläufer akzeptiert auf rationaler Ebene auch, ist aber „halbschwanger“ unterwegs und nicht in der Lage, beispielsweise den Mund-Nasen-Schutz richtig zu benutzen.
Erst mit der emotionalen Akzeptanz sind wir in der Lage, die Realität zu akzeptieren. Dann werden Veränderung, d.h. Maßnahmen, die zur Eindämmung empfohlen oder vorgegeben sind, umgesetzt. Der besorgte Passive oder auch Winterschläfer reagiert auf die Anweisungen und setzt sie um. Die Angst vor einer Ansteckung führt dazu, dass ihnen die Umsetzung der Schutzmaßnahmen äußerst wichtig ist. Dafür verzichtet er auf seine alten Gewohnheiten. Die ehrlich besorgten Unterstützer fühlen sich stark persönlich von Corona bedroht, da sie entweder eigene Hintergründe für ihre Sorge haben oder in ihrem direkten Umfeld Corona-Erfahrungen sammeln. Sie Wenn sie noch im Tal des Jammerns sind, dann hören wir von ihnen auch viel negative Nachrichten „Schon wieder Höchststand an Neuinfektionen“. Ihnen ist es wichtig, sich an die Schutzmaßnahmen zu halten. Sie wollen sich und andere nicht gefährden und unterstützen die Maßnahmen der Politik voll.

4. Ausprobieren & Erkenntnisse
Verhaltensweisen werden ausprobiert und führen zu Erfolgen oder Misserfolgen (z.B. Brille & MNS). Bei der Suche nach neuen Verhaltensweisen sind auch die Überkorrekten zu finden, die alles ganz genau nehmen und andere korrigieren. Die Kreativen wollen das Beste daraus machen und sind bereit, neue Wege zu gehen. Erkenntnisse dazu werden geteilt (z.B. YouTube: wie man als Brillenträger einen MNS trägt und die Brille nicht beschlägt). Es gibt Vorreiterbeispiele aus der Kunst (Online Konzerte) und der Gastronomie (Essen zum Mitnehmen) oder neue Wege im ehrenamtlichen Engagement (Masken nähen, kostenloses Sandwich in Restaurants, Gabenzäune – wie der Schweinfurter Kindertafel). Der gelassen Aktive vertraut auf die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen und findet Wege, seinen Aktivitäten weiter zu folgen, z.B. seiner Freizeitbeschäftigung auf andere Art und Weise nachzukommen ohne dabei die Auflagen zu ignorieren. Die Zuversichtlichen trotz Leidensdruck jammern nicht, sondern zeigen auf, wie es gehen kann. Mit vielen Worten nervt der Dummschwätzer sein Umfeld. Er teilt seine „Erkenntnisse“ mit, auch wenn andere diese gar nicht hören wollen.

5. Umsetzen & Integration
Die aktiven Macher haben die Regeln in ihren Tagesablauf integriert; die neuen Verhaltensweisen wurden ins aktive Verhaltensrepertoire übernommen. Wo lege ich Masken hin? Welcher Typ Maske passt zu mir? Wie verändere ich mein Einkaufsverhalten? Wie kann ich Sport treiben ohne die Schutzmaßnahmen zu verletzen? Neue Routinen einhergehend mit einer neuen Leichtigkeit sind entstanden. So merken sie manchmal gar nicht mehr, dass sie eine Maske tragen…