Was passiert mit den großen Unternehmenszentralen, den Head-Quarter, den Firmenhauptsitzen in der Zukunft?

Als eine der Auswirkungen von Homeoffice werden Unternehmen aktuell ja schon dazu „gezwungen“, über ihre Büroflächen nachzudenken. Büroräume sind komplett leer, fast leer oder zu den überwiegenden Zeiten ungenutzt. Was bedeutet denn dann ein „Zurück zur Neuen Normalität“ eigentlich für Büroflächen/-gebäude?

In diesem Artikel findest du die betriebswirtschaftliche Sichtweise und einen Ausblick, wie diese Flächen noch genutzt werden könnten.

Das Ende sei vorweggenommen: eine allgemein gültige wirtschaftlich betrachtete Empfehlung für alle Unternehmen gleichermaßen gibt es nicht, sondern die Entscheidung für Abbau & Umnutzung hängt vom individuellen Unternehmen ab.

Wir haben in der Future WorX Community aus drei unterschiedlichen Perspektiven auf die Fragestellung „Sterben Head-Quarter aus?“ geschaut:

  1. Wirtschaftlichkeit – Vorteile & Umnutzung von Firmenzentralen (diesen Artikel liest du gerade)
  2. Komplexität der Thematik – Was spielt alles eine Rolle, Einflussfaktoren?
  3. Entwicklungsgeschichte von Firmenzentralen – Vergangenheit – Gegenwart & Zukunft.

Welche Vorteile ergeben sich aus Kosten-Nutzen Perspektive betrachtet?

Potenzial 1: Kosten-Einsparpotenziale bei Büromieten, Kaufpreisen und Kosten für den Büroarbeitsplatz.

Prognosen für Büroräume: Durch mehr Leerstand werden Großstadt-Mieten um bis zu 20% sinken, Kaufpreise um bis zu 30% (Institut für Deutsche Wirtschaft). Ein Büroarbeitsplatz kostet in Frankfurt am Main z. B. ca. 15.000 Euro pro Jahr pro Arbeitsplatz. Prognosen geben an, dass zukünftig 20% weniger Büroflächen gebraucht werden. Bei insgesamt in Deutschland 380 Millionen Quadratmeter Bürofläche sind das 76 Millionen Quadratmeter! Das führt mich zum nächsten Punkt:

Potenzial 2: Reduzierung des Wohnungsnotstands.

Umnutzung von Büroflächen als Wohnraum, insbesondere in Ballungsgebieten eine nachhaltige soziale Problemlösung und zeigt gesellschaftliche Verantwortungsübernahme durch Unternehmen – neben Kosteneinsparung auch ein Image fördernder Faktor.

Potenzial 3: Noch mehr Nachhaltigkeit.

Arbeitsräume haben einen immer größeren Leerstand. Auch schon vor Corona war ein Arbeitsplatz durch Urlaub, Krankheit und Geschäftsreisen nur zu 65% ausgelastet (Quelle: DZ Bank). Zudem reduziert sich der CO2-Ausstoß, durch weniger Verkehr aufgrund der Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsort.

Potenzial 4: Zufriedene Mitarbeiter.

Die Zufriedenheit der Mitarbeiter und Arbeitgeber steigen. Das zeigen, neben den Ausnahmen, verschiedene Befragungen wie die PwC-Studie (08-09/20): Mehrheit bezeichnet den Wechsel ins Homeoffice als erfolgreich.

Und die Auswirkungen auf die Produktivität?!? Ein weiteres Potenzial?

Hier gibt es die unterschiedlichsten Meinungen. Dabei ist mir aufgefallen, dass es sehr auf die Formulierung in den Umfragen ankommt. Wird nach „Befürchten Sie Einbußen in der Produktivität?“ gefragt oder nach „Liegen Produktivitätseinbußen vor?“ Liegen Fakten vor oder sind es Befürchtungen, Meinungen?

Nach einer aktuellen Umfrage des Münchner Ifo-Instituts aus Oktober 2020 sprechen 5,7% der Unternehmen von einer Produktivitätssteigerung, 30,4% von unveränderter Produktivität und 27% von gesunkener.

Das ist doch eigentlich ein grandioses Ergebnis mit Blick auf die Rahmenbedingungen, die wir in diesen Zeiten haben. Mir ist unverständlich, wieso diese Ergebnisse dazu führen, dass ein Recht auf Homeoffice kritisch diskutiert wird. Wir haben es geschafft, trotz widriger Bedingungen (Corona, Technische Bedingungen, neue Austausch-/Arbeitsformen, Vereinbarkeit von Familie & Beruf bei geschlossenen Schulen/Kitas, … ) die Produktivität so gut aufrecht zu erhalten! Nein, es ist wieder typisch deutsch, gemeckert und hervorgehoben werden die 27%.

Auf zwei Aspekte möchte ich dazu hinweisen. Meiner Meinung nach braucht es auch erst einmal eine gewisse Zeit, um sich im Homeoffice zurecht zu finden. Das weiß ich aus meiner eigenen Startzeit als Selbstständige. Anfangs ist es mir viel schwerer gefallen, am Schreibtisch sitzen zu bleiben. Insbesondere bei unliebsamen Aufgaben, war sogar das Aufräumen oder die Wäsche eine willkommene Abwechslung. Ein Mitarbeiter muss also erst einmal lernen, sich selbst im Homeoffice zu organisieren!

Des Weiteren frage ich mich, welche Rolle die Angst der Unternehmen und Führungskräfte vor Kontrollverlust spielt. „Ich sehe den Mitarbeiter nicht mehr und kann daher nicht kontrollieren, ob er auch wirklich arbeitet!“ Ein Irrglaube aus meiner Sicht. Der Mitarbeiter, der nicht gerne arbeitet, findet seine Auszeiten überall, im Büro & im Homeoffice.

Vertrauen in Mitarbeiter

Mind-Set

Weg von dem Bedürfnis nach Kontrolle hin zu mehr Vertrauen in die Menschen und deren Arbeits-Ergebnisse.

Desk Sharing fördern

Flexible Nutzung

Effizienter Umgang und flexible Nutzung von reduzierten Büroflächen vor Ort.

Andere Treffpunkte

Räume/Orte außerhalb

Gelegenheiten außerhalb von Homeoffice & Firmenzentralen, bei denen sich Teams, Kollegen treffen können.

Investitionen in IT

Hardware & Schulungen

Nach einer Studie von PwC wird ein Invest von 950 Euro pro Mitarbeiter geschätzt.

Juristische Klarheit

Verpflichtungen des Arbeitgebers

Im Dschungel der Gesetze ergeben sich aktuell noch unterschiedlichen Verpflichtungen des Arbeitgebers je nach Bezeichnung „Homeoffice“, „remote working“, „flexible office“, „mobiles Arbeiten“.

Ideen zur Umnutzung

Büroflächen werden zu ...

  • Integrationsflächen für andere Angebote (Mall im Büro): Yogaräume, Physiotherapeuten, Masseur, Kindergarten, Friseur, weitere Geschäfte des täglichen Bedarfs
  • Förderflächen der regionalen Wirtschaft und des Nachwuchses: für junge Unternehmen, Start-ups, SchülerInnen aus der Region, ggf. mit Mit-Nutzung von Ressourcen
  • Schlafplätzen für Mitarbeiter bis hin zu kleinen Hotels für Lieferanten, Kunden
  • Räumen für soziale Projekte der Region
  • Experimentierräumen für die ständige Weiterentwicklung des Unternehmens

Ein Beitrag der Future WorX Community

Dipl.- Psych. Simone Kortlüke

Bleib neugierig!