Warnungen haben wenig Effekt auf Verhaltensänderungen. Dennoch verfolgen Menschen bevorzugt eine Strategie, wenn es darum geht, dass das eigene Verhalten oder das Verhalten anderer sich ändern soll: wir zeigen gerne die negativen Folgen auf – „Wenn du deine Hände nicht wäscht, wirst du krank.“, „Naschen macht dich dick.“, „Wenn du das nicht hinbekommst, dann sehe ich schwarz für die weitere Karriere.“ usw. Menschen gehen davon aus, dass sich Verhalten mithilfe von Warnungen und durch das Auslösen von Angst ändert. Forschungen bestätigen das nicht. So sind beispielsweise Warnhinweise auf Zigaretten nicht sehr wirksam.

Warum ist das so? Bei Gefahr reagieren wir mit erstarren, fliehen oder selten, mit Angriff. Wir neigen dann also zu Vermeidungsverhalten, zu Rationalisierungen.

Was sagt die Hirnforschung dazu? Hier die wesentlichen Erkenntnisse aus dem Vortrag von Tali Sharot, einer Verhaltens-Neurowissenschaftlerin, die es aus meiner Sicht wunderbar auf den Punkt bringt!

Quelle: TEDxCambridge | Tali Sharot | How to motivate yourself to change behavior | https://www.youtube.com/watch?v=xp0O2vi8DX4

Experimente zeigen: Menschen reagieren (lernen) auf positive Informationen und adaptieren diese. Wie können wir diese Eigenschaften des Gehirns nutzen? Positive Strategien motivieren Menschen zur Veränderung.

Es braucht drei Prinzipien, damit das menschliche Gehirn Verhaltensänderungen vornimmt:

  1. Social Incentives | Soziale Anreize. D.h. Unmittelbares Sichtbarmachen / Hervorheben, wie andere etwas tun, ist wirksam. Wir sind Gemeinschaftswesen, wir wollen wissen was andere tun, wir wollen das gleiche tun und wollen sogar noch besser sein als andere. Menschen interessieren sich für die Meinungen anderer, was sich neurologisch auch als Reaktion im emotionalen Zentrum des Gehirns nachweisen lässt und ein guter Vorhersager für die Wahrscheinlichkeit zur Verhaltensänderung (in Richtung dieser Meinung) ist.  Ein Beispiel von Tali Sharot: Das Finanzamt in England hat Erinnerungsschreiben an Steuerzahler verschickt. Im alten Brief stand: „Sie haben vergessen zu zahlen, es ist wichtig zu zahlen,…..“ Ergebnis: keine signifikanten Veränderungen. Im neuen Brief stand: „9 von 10 Engländern zahlen rechtzeitig ihre Steuern.“ Ergebnis: Sie erreichten damit eine 15% pünktlichere Zahlungsmoral.
  1. Immediate Rewards | Sofortige Belohnung. Unmittelbares Sichtbarmachen der eigenen Einflussnahme. Menschen wertschätzen es sehr, wenn sie sofort sehen, dass ihr Handeln eine Auswirkung hat (z.B. auf eine Statistik). Das macht sie glücklicher, sogar glücklicher als eine Honorierung ihrer Leistung in der Zukunft. Was passiert, wenn man Menschen jetzt für Aktivitäten belohnt, die erst in der Zukunft gut für sie sein werden? Sie sind eher bereits, sich einzulassen als die Kontrollgruppen und dieser Effekt hält ca. 6 Monate an. Das Nichtrauchen oder Sporttreiben wird mit der Belohnung verknüpft und so wird es zu einer Gewohnheit und dann zu einem Lifestyle.
  1. Progress monitoring | Fortschritt sichtbar machen. Unser Gehirn kann positive Informationen über Fortschritte in der Zukunft besser, effizienter verarbeiten als negative Informationen über die Zukunft. Wenn wir die Aufmerksamkeit von Menschen haben wollen, sollten wir daher die Fortschritte und Vorteile für die Zukunft visualisieren und herausheben, statt die drohende Verschlechterung. Beispiel: „Wenn Du aufhörst zu rauchen, dann wirst du besser im Sport.“

 

Auf ein praktisches Beispiel in Unternehmen angewendet: Nehmen wir die Un-Pünktlichkeit von Mitarbeitern zu Terminen, Meetings etc. Ich habe immer wieder mit diesem Thema zu tun. Es klingt trivial, ist aber nicht leicht zu verändern und (!) kostet Unternehmen echt viel Geld, wenn wir die Wartezeiten der Beteiligten in Euro umrechnen. Ziel der Verhaltensänderung ist es also, dass die Mannschaft insgesamt pünktlicher wird. Wie könnten dann diese drei Prinzipien in der Praxis angewendet werden?

Als PDF: Beispiel_Verhaltensänderung_download

Diese Form der Visualisierung hilft dem Gehirn auch noch in einer weiteren Hinsicht: Unser Gehirn möchte sein Umfeld kontrollieren. Durch diese Daten erhält der einzelne die Kontrolle über sein Verhalten. Und das ist ein sehr wichtiger Motivator für Verhaltensänderung.

Fazit

Das Vorgehen mag etwas kleinteilig klingen, aber insbesondere für die, die schon einiges versucht haben, um bestimmte Dinge zu ändern, sollte sich diese Investmentfrage erst recht nicht stellen 😉
Mein Ziel: Forschungsergebnisse im Alltag nutzbar machen!

Hast Du ein Verhaltensbeispiel bei dem Du Dich fragst, wie es mit diesen Prinzipien angegangen werden könnte? Frag doch mich!